Das klassizistische Torhaus eingangs der Erfurter Straße – von Clemens Wenzeslaus Coudray 1822-1824 erbaut – spielt eine Hauptrolle in meinem ersten Buch Das Torhaus.
Im Jahr 2008, während ich am Romanmanuskript arbeitete, ging ich fast täglich an einem schmutzig-gelben, graffitibeschmierten Häuschen eingangs der Erfurter Straße in Weimar vorbei – anscheinend unbewohnt und dem Verfall preisgegeben.
Eine Plakette wies das Haus dennoch als Denkmal aus, und auf einer kleinen Schrifttafel konnte der interessierte Passant etwas über seine Geschichte erfahren.
Vom Großherzoglichen Oberbaudirektor Clemens Wenzeslaus Coudray entworfen, wurde es zwischen 1822 und 1824 als eines von vier Weimarer Wach- und Torhäusern errichtet, um nach der Entfestigung der Stadt Tor- und Pflastergelder zu kassieren. Später diente das Haus als Bahnstation der Berkaer Bahn, die damals noch bis zum Sophienstiftsplatz fuhr. Danach war es mehrere Jahre Polizeirevier und wurde Ende der 1920er Jahre schließlich als Wohnhaus vermietet.
Eine Weimarerin, die von 1930 bis 1945 im Torhaus wohnte, erzählt:
„Wir wohnten im linken Teil des Hauses, sieben Personen – Vater, Mutter und fünf Kinder – in zwei kleinen Zimmern. Den rechten Teil und das Zimmer im Dachgeschoss bewohnte ein Ehepaar ohne Kinder. Das Klo war außerhalb des Hauses, nach hinten heraus und um die Ecke. Am 9. Februar 1945 fiel eine Bombe vor dem Torhaus auf die Erfurter Straße, Fenster und Türen flogen heraus und das Gebäude war vorübergehend unbewohnbar. Wir mussten in eine andere Wohnung umziehen.“
Zur DDR-Zeit beherbergte das Torhaus einige Jahre lang das Reisebüro „Jugendtourist“, bis es bald nach der Wende – nach einigen fehlgeschlagenen Umnutzungen – leer stand und schließlich verkauft wurde.
Das Torhaus in Weimar 2010 | Foto: Astrid Rippke
Im Herbst 2009 wurde auf Initiative des Besitzers mit der denkmalgerechten Sanierung des Torhauses begonnen.
Das Torhaus in Weimar 2019 | Foto: Astrid Rippke